Als ich am Ostersamstag, des Nachts, die geisterhafte Szenerie im Quartier
betrachtete, wo die Schweißer zwischen Riesenkränen und Scheinwerfern, in
Fontänen von Funken, Hand an die letzten Bestandteile der mächtigen Bogenbrücke
legten, stellte ich mir die Frage, wie viele Brücken der Stahlindustrie es um
Esch herum gibt und was wohl mit ihnen allen geschehen soll. Nur Futter für den
Elektroofen?
Die Brücken an der Beleserstraße in Raemerich sind weg; es wurde dort eine
Situation bereinigt, die ein bisschen nach Maginot-Linie ausgesehen hatte. So
wurde Freiraum für einen ordentlichen Zugang für das neue Stadtviertel
„Universitéit“ geschaffen. Soweit, so gut. Die Bogenbrücke ist nun ebenfalls
weg. Es heißt, die Oberleitungen des Zugverkehrs seien ungünstig nahe unter der
stählernen Brücke angebracht gewesen. Mag sein.
Nun, es gibt es noch die Brücke über die Otherstraße, jene, die die
Belvalerstraße, die CFL-Bahnlinie und die Sackgasse zur alten Douane überspannt,
jene über die Autobahn A4 beim Monkeler in der Zufahrt zu Esch und jene über
die Straße nach Schifflingen, im Anschluss an den Boulevard Aloyse Meyer. Übrigens
wurde kürzlich die Eisenbahnlinie zwischen Belval und Arbed-Esch-Schifflingen,
die nicht mehr dient, aber in Zukunft mit überschaubaren Kosten zu einem
Fahrrad- und Spazierweg umgewandelt werden könnte, von der Bauverwaltung
baulich unterbrochen. Welches ist der Plan?
Meine Fragen ergeben sich nicht aus einem Anfall von Nostalgie, sondern aus
einer Sorge um die Stadtplanung, die entweder nicht existiert oder über die
überhaupt nicht kommuniziert wird, oder die völlig privatisiert verlaufen soll.
All diese Brücken und die Schienenstränge, die zu ihnen führen, werden doch in
der Zukunft eine bedeutende Rolle zu spielen haben, wenn es heißen wird, ein
zusammenhängendes Konzept sanfter Mobilität (mobilité douce) herzustellen. Es
kann doch nicht sein, dass zuerst alle Brücken abgebaut und später neugebaut
werden. Das wäre kaum finanzierbar. Übrigens kann man schwere industrielle
Brücken „erleichtern“ und ästhetischer gestalten.
Esch wird früher oder später eine echte Universitätsstadt sein, auch wenn
die Integration der Universität in die gewachsene Stadt ein jahrelanger Prozess
ist. Universitätsstädte sind überall in Europa Städte mit intensivem
Fahrradverkehr. Noch wird Belval oftmals als ein exotisches Novum außerhalb
Eschs betrachtet und die städtische Erschließung von Arbed-Esch-Schifflingen (des
Viertels „Schlassgoard“) als ferne
Zukunftsmusik. Die neue Generation sieht es bereits nicht mehr so. Die
Akzeptanz dieser Viertel als normale
Bestandteile der Stadt Esch wird stattfinden und nicht erst dann kann man Überlegungen
anstellen, wie die neuen Viertel verkehrstechnisch integriert werden.
Was mit den vielen Brücken aus gutem Escher Stahl geschieht, muss
„öffentliche Sache“ (res publica) sein. Ihre Zukunft betrifft gleichermaßen die
Stadtverwaltung und die ganze Escher Bevölkerung. Gibt es einen Plan? Wenn ja,
dann sollte man ihn publizieren, damit die BürgerInnen sich einen Gedanken machen
können. Wenn nicht, dann schleunigst an die Reißbretter!
Esch ist nicht im Kriegszustand. Die Parole kann nicht heißen: die Brücken
sprengen und nichts wie weg. Sondern: Stadtplanung ist angesagt, nicht durch
die Agora – eine „joint-venture“ zwischen Arcelor-Mittal und Staat - sondern
durch die Stadt Esch in enger Kommunikation mit ihren BürgerInnen. Esch gehört
uns. Wollen wir doch seine Zukunft bestimmen!
Übrigens: Die Idee mit der Seilbahn nach Belval ist lustig, aber völlig
kontraproduktiv: der Zug fährt in 4 Minuten im 15-Minutentakt und braucht weder
gebaut noch finanziert zu werden. Dazu fahren die Busse ins Herz von Belval
hinein. Ein geschützter Fuß- und Radweg ist denkbar. Ist die Idee der Seilbahn
der skurrile Ausdruck fehlender Fähigkeit, die Stadt Esch in die Zukunft hinein
zu planen? Das wäre bedenklich.
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