Der kürzlich mit den Stimmen der neuen Mehrheit und Codello gestimmte Haushalt
hält den Kap : die Stadt Esch wird keine Mietwohnungen bauen. In dieser
Hinsicht ist die Haltung der neuen Mehrheit genau dieselbe wie der von LSAP-déi
Gréng: die Wohnungsnot soll anderswo bekämpft werden, in Esch sollen nur die
Armen verdrängt werden. Der Irrtum, der dieser Haltung zugrunde liegt ist
gewaltig: es geht in der Wohnungsfrage nicht um „arm und reich“ sondern um den allgemeinen
Mangel an Wohnungen, sprich um eine Verteuerung des Wohnens, der längst die
Mittelverdiener erfasst hat. Ein junger Haushalt mit guter Qualifikation findet
kaum noch eine Wohnung zu annehmbaren Mietpreis.
Die Stadt Esch verfügt derzeit noch über 270-280 Mietwohnungen von ehemals
etwa 400. Der Leerstand ist enorm, die Renovierung der leerstehenden kommunalen
Wohnungen zu zögerlich. In den neuen Vierteln Zaepert (Nonnewisen) und
Universitéit wurde keine einzige kommunale Mietwohnung eingeplant. Zusätzlich,
kommen wenige Wohnungen der SNHBM und des Fonds du Logement, doch werden
letztere vornehmlich zum Verkauf angeboten.
Interessant ist es die Escher Wohnungsbaupolitik der CSV-LSAP-DP-déi Gréng mit
dem diesbezüglichen Programm der neuen Regierung zu vergleichen. Liest man die
Seiten 31-35 der Regierungserklärung, so stößt man auf Algebra. Manches wird
angedacht, angedeutet, in Aussicht gestellt, nur Weniges ist verbrieft. Aus den
Buchstaben sind keine Zahlen abzuleiten. Der Eindruck täuscht nicht: Die
Wohnungsbaupolitik Luxemburgs ist in der Stunde null angekommen. Alle
bisherigen Politiken sind kläglich gescheitert, nun versucht es die grüne
Ministerin Tanson. Eine optimistische Deutung des Textes lässt dennoch einige
Lichtblicke zu. Es gibt dazu zwei Arten von Erklärungen. Erstens ist es fast
undenkbar, dass es in der Wohnungsfrage gar keine Wende gibt, war doch das Thema,
laut Umfragen kurz vor den Wahlen, an vorderster Stelle (mit der Mobilität) der
Sorgen der Menschen. Zweitens gibt es Druck aus dem Unternehmerlager und der
funktioniert in Luxemburg meistens ganz gut. „Der Zusammenhang von Wohn- und
Lohnkosten führt die Politik seit zwei, drei Jahren zunehmend in Konflikt mit
den Unternehmerlager.“ (Peter Feist in „Land“ vom 7. Dezember) Gemeint ist: die
Unternehmer befürchten, dass sie die nötigen Arbeitskräfte nicht mehr bekommen,
da diese eine bezahlbare Wohnung einfordern könnten. Diese Befürchtung hatte
sich zwischen den Zeilen zweier Artikel von Unternehmerboss Wurth herauslesen
lassen, die kurz vor dem Legislativwahlen erschienen waren.
Es ist sehr gut möglich, dass nächstens die staatliche und die Escher kommunale
Wohnungsbaupolitik kollidieren werden. Es wäre zu wünschen. Die Kollisionen
könnten bei der Reform des „pacte logement“ und/oder bei der Reform der
Grundsteuer entstehen. Wenn die neue Regierung es wagt, die Gemeinden zu
belohnen, die Mietwohnungen bauen und die finanziell zu bestrafen, die es nicht
tun, dann bekäme Esch den zweiten Preis. So könnte es zu der paradoxen
Entwicklung kommen, dass die ehemalige „Hauptstadt der Arbeiterklasse“ auf den
Druck des Patronats hin dazu bewegt würde, ihre Pflicht zu tun und den Menschen
zu würdigen und bezahlbaren Wohnungen zu verhelfen!
9.12.2018
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