Sonntag, 9. Dezember 2018

Die Crux mit den öffentlichen Mietwohnungen in Esch ?


Der kürzlich mit den Stimmen der neuen Mehrheit und Codello gestimmte Haushalt hält den Kap : die Stadt Esch wird keine Mietwohnungen bauen. In dieser Hinsicht ist die Haltung der neuen Mehrheit genau dieselbe wie der von LSAP-déi Gréng: die Wohnungsnot soll anderswo bekämpft werden, in Esch sollen nur die Armen verdrängt werden. Der Irrtum, der dieser Haltung zugrunde liegt ist gewaltig: es geht in der Wohnungsfrage nicht um „arm und reich“ sondern um den allgemeinen Mangel an Wohnungen, sprich um eine Verteuerung des Wohnens, der längst die Mittelverdiener erfasst hat. Ein junger Haushalt mit guter Qualifikation findet kaum noch eine Wohnung zu annehmbaren Mietpreis.

Die Stadt Esch verfügt derzeit noch über 270-280 Mietwohnungen von ehemals etwa 400. Der Leerstand ist enorm, die Renovierung der leerstehenden kommunalen Wohnungen zu zögerlich. In den neuen Vierteln Zaepert (Nonnewisen) und Universitéit wurde keine einzige kommunale Mietwohnung eingeplant. Zusätzlich, kommen wenige Wohnungen der SNHBM und des Fonds du Logement, doch werden letztere vornehmlich zum Verkauf angeboten.

Interessant ist es die Escher Wohnungsbaupolitik der CSV-LSAP-DP-déi Gréng mit dem diesbezüglichen Programm der neuen Regierung zu vergleichen. Liest man die Seiten 31-35 der Regierungserklärung, so stößt man auf Algebra. Manches wird angedacht, angedeutet, in Aussicht gestellt, nur Weniges ist verbrieft. Aus den Buchstaben sind keine Zahlen abzuleiten. Der Eindruck täuscht nicht: Die Wohnungsbaupolitik Luxemburgs ist in der Stunde null angekommen. Alle bisherigen Politiken sind kläglich gescheitert, nun versucht es die grüne Ministerin Tanson. Eine optimistische Deutung des Textes lässt dennoch einige Lichtblicke zu. Es gibt dazu zwei Arten von Erklärungen. Erstens ist es fast undenkbar, dass es in der Wohnungsfrage gar keine Wende gibt, war doch das Thema, laut Umfragen kurz vor den Wahlen, an vorderster Stelle (mit der Mobilität) der Sorgen der Menschen. Zweitens gibt es Druck aus dem Unternehmerlager und der funktioniert in Luxemburg meistens ganz gut. „Der Zusammenhang von Wohn- und Lohnkosten führt die Politik seit zwei, drei Jahren zunehmend in Konflikt mit den Unternehmerlager.“ (Peter Feist in „Land“ vom 7. Dezember) Gemeint ist: die Unternehmer befürchten, dass sie die nötigen Arbeitskräfte nicht mehr bekommen, da diese eine bezahlbare Wohnung einfordern könnten. Diese Befürchtung hatte sich zwischen den Zeilen zweier Artikel von Unternehmerboss Wurth herauslesen lassen, die kurz vor dem Legislativwahlen erschienen waren.

Es ist sehr gut möglich, dass nächstens die staatliche und die Escher kommunale Wohnungsbaupolitik kollidieren werden. Es wäre zu wünschen. Die Kollisionen könnten bei der Reform des „pacte logement“ und/oder bei der Reform der Grundsteuer entstehen. Wenn die neue Regierung es wagt, die Gemeinden zu belohnen, die Mietwohnungen bauen und die finanziell zu bestrafen, die es nicht tun, dann bekäme Esch den zweiten Preis. So könnte es zu der paradoxen Entwicklung kommen, dass die ehemalige „Hauptstadt der Arbeiterklasse“ auf den Druck des Patronats hin dazu bewegt würde, ihre Pflicht zu tun und den Menschen zu würdigen und bezahlbaren Wohnungen zu verhelfen!

9.12.2018

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen