Laut GIEC ist die Einhaltung der Obergrenze von 2 Grad Celsius Erwärmung
bis 2100 (besser noch 1,5 Grad) möglich bei einem tiefgreifenden Wandel von
Wirtschaft und Gesellschaft. Dieser tiefgreifende Wandel ist zu zögerlich,
daher die bedeutende Mobilisierung der Jugend, um die Klimaziele zu erreichen.
Es geht um den Klimaschutz und der
soll im folgenden Artikel nicht
behandelt werden. Im Folgenden liegt der Akzent auf der Adaptation an die Folgen des bisher
bereits erfolgten Klimawandels und an die wohl unumgängliche weitere
Entwicklung bis Ende des Jahrhunderts.
Ein durchschnittlicher Temperaturanstieg,
vor allem aber eine Zunahme von extremen Wetterlagen (Hitzewellen und
Starkregen) sind bereits Fakten und werden sich so oder so nicht auflösen
sondern verstärken. Adaptation bedeutet Anpassung im Sinne der Lehren von Onkel
Darwin, gemäß denen diejenigen überleben, die dazu in der Lage sind, sich an veränderte
Bedingungen anzupassen. Es soll durchaus auch versucht werden, sehr konkret auf
die Frage einzugehen, was Adaptation in einer begrenzten Gegend wie einer Stadt
wie Esch/Alzette von 36.000 (jetzt) – 60.000 (in 30 Jahren) Einwohnern bedeuten
könnte.
Was hat sich bereits geändert
und wird sich mit Sicherheit in den nächsten Jahrzehnten ändern?
Esch wird klimatisch gesehen in etwa dem Istzustand von Turin entsprechen,
London dem von Paris, Paris dem von Perpignan... Die Bedingungen der
landwirtschaftlichen Produktion verändern sich. In diesem Sommer gab es bereits
kaum noch Maisproduktion und nicht genug Grünfutter.
Die Forstwirtschaft ändert sich und es wird sogar schon reagiert mit
„Entfichtung“. Links neben der Auffahrt zu der Escher Waldschule wurde ein
Fichtenwald von ein par Hektar kahl geschlagen, weil der warme Sommer zu einer
derartigen Vermehrung des Borkenkäfers geführt hatte, dass alle Fichten
unheilbar krank waren. Wegen der Abholzung und infolge des fehlenden
Windschutzes fegte ein Frühjahrssturm eine Phalanx gesunder Fichten in einer
Gartenlage um. Es gab viel Aufregung, keine Verletzte und begrenzter Schaden in
der Anlage. Fichten wird es wohl in einigen Jahrzehnten bei uns keine mehr
geben. Das ist nicht besonders dramatisch aber sicher ein Beispiel von einer notwendigen
Adaptation an den Klimawandel.
Es wird vermehrt zu extremen Klimaereignissen kommen wie etwa Hitzewellen
im Sommer oder Starkregen. Wir erlebten eine Hitzewelle in diesem Sommer und im
Jahr zuvor den Starkregen im Müllerthal und an der weißen Ernz mit
beträchtlichen Schäden. Die Windhose von Khärjeng und Petingen? Aufgepasst,
nicht in Katastrophismus verfallen! Windhosen hat es bereits immer gegeben. Es
gab in den 1960er Jahren eine in Bettendorf (bei Diekirch), die einen guten
Teil des Dorfes abdeckte und eine andere in l’Eglise, einem Dorf in der
Province du Luxembourg, nicht weit von her, mit beträchtlichen Schäden. Nicht
alle extremen Naturphänomene sind dem Klimawandel geschuldet.
Was mögliche Überschwemmungen betrifft, hatte der Escher Gemeinderat vor
einigen Wochen über einen Bericht diskutiert, nach dem sehr große Überschwemmungsgefahren
von Alzette und Dipbach nur bedingt zu erwarten sind, wohl weil beide
Wasserläufe recht bescheiden sind. Es gab auch einige Zweifel an der Methodik.
Dennoch war angemahnt worden dass Areale wie die Siedlung Altena (Boulevard
G.D. Charlotte bei der Lallinger Kirche) begrenzt gefährdet sind. (Hochwasserqualifikation
HQ100 bedeutet eine Wahrscheinlichkeit von Überschwemmung 1x in 100 Jahren,
HQ10 1x in 10 Jahren). Diese Qualifikation betrifft aber nur das Übertreten von
Wasserläufen oder Wasserflächen, nicht die Überschwemmungen im Stadtgebiet
wegen extremen Regengüssen. Letztere Überschwemmungen hängen auch davon ab, wie
eine Stadt gebaut und geplant wird, wie das Verhältnis Absorption/Versiegelung funktioniert; sie sollten also zu einem Thema
des Urbanismus werden.
Ein anderes Thema sind die Hitzewellen und die gesundheitliche Gefährdung
von Kleinkindern und alten Leuten im mineralisierten Stadtzentrum. In
Erinnerung bleibt die hohe Sterblichkeitsrate von SeniorInnen 2003 in Frankeich mit 15.ooo
Toten. (Von den Nachbarländern gab es keine Erhebungen.)
Eine nuancierte Beurteilung
der Lage
Eine Zwischenbemerkung gehört an dieser Stelle: die bereits spürbaren oder
mittelfristig zu erwartenden Klimaveränderungen sind pro geografischer Bereich sehr
unterschiedlich. Auf Europa bezogen, sind ernsthafte Sorgen in flachen
Küstengebieten an der Nordsee berechtigt ebenso in den Deltas von Ebro, Rhône
und Po. Dasselbe stimmt für die Desertifikation ganzer Teile Spaniens,
Süditaliens sowie in Südportugal, Griechenland und einzelner Teile des Balkans.
Ostdeutschland, Polen und Tschechien sind kaum betroffen. In einigen Teilen
Skandinaviens, Finnlands, Estlands und Polens sind die Auswirkungen der
Klimaänderungen sogar positiv. Die Landwirtschaft wird wohl profitieren.
Luxemburg wird mit „low negative impact“ eingestuft, d.h. es wird nicht allzu
schlimm kommen, aber dennoch negativ. Nun ja, eine „Mediterranisierung“ des
Ländchens hat auch seinen Charme, ein kleiner Olivenbaum in meinem Garten auf
360 Höhenmetern würde mich schon reizen. (Quelle IRPUD, ESPON Climate Project
2011 – Agenturen der EU)
Nun ist hoffentlich deutlich geworden, dass zum Thema Adaptation,
Panikmache fehl am Platz ist. Zum Thema Erfüllung der Klimaschutzziele aber
gilt die höchste Alarmstufe!
Ein PAG-bis mit anpassenden
Maßnahmen
Es drängt sich auf, in mittel- und langfristiger Perspektive, die
Adaptation an die Klimaveränderung in die Stadtplanung zu integrieren.
Es geht ganz konkret darum, die Vulnerabilität der Stadt Esch zu erfassen
und Gegenmaßnahmen in die Stadtplanung resp. Regionalplanung einfließen zu
lassen. Welche müssten oder könnten diese Maßnahmen sein? Es muss für Esch
nicht alles neu erfunden werden. Es gibt im Ausland Erfahrungen in dieser
Hinsicht die man sich aneignen kann. Ich bin kein Spezialist in diesen Fragen
und erwähne nur in loser Folge einige Maßnahmen, die an anderen Orten bereits
Anwendung finden:
- Es ist wichtig,
kleinmeteorologische Kenntnisse über die eigene Stadt Esch zu erwerben. Wie
laufen die Luftströme in Esch? Messungen am Findel sind für Esch nicht
unbedingt relevant. Spezialisten reden von „Kaltluftenstehungsgebieten“,
„Ventilationsbahnen“, „Freiflächen mit Abkühlungsfunktion“ und dergleichen.
- Es sollte an
verschattete Aufenthaltsorte in den dicht bebauten Gebieten gedacht werden an
Wasserinstallationen mit fließendem Wasser oder sogar „brumisateurs“ während
der Hitzewellen.
- Die Stadt Esch sollte
ihre Tradition von Baumalleen in vielen Straßen beibehalten und ausbauen. Die
Escher merken es vielleicht nicht sosehr: Das ehemals graue Esch ist zur
grünsten und farbigsten Stadt des Landes geworden. (Das melden Stadtluxemburger
Besucher wenn sie sich einmal trauen in den tiefen Süden herb zu steigen!)
- Apropos Farben. Große,
graue Asphaltflächen speichern enorm viel Hitze, die erst nachts wieder
ausgestoßen wird. Unvermeidliche versiegelte Flächen sollten helle Oberflächen
haben, wie teils im Brillviertel bereits angewandt.
- Es wird wohl
unumgänglich auch städtische „plans cancule“ nicht nur in Altenheimen
auszuarbeiten. Überhaupt sollten die Maßnahmen zur Adaptation an den
Klimawandel mit starker Beteiligung der Bevölkerung diskutiert und
implementiert werden.
- Dies betrifft auch die
völlig gegenproduktive Mode, die privaten Gärten und Vorgärten mit Grauwacke
zuzudecken. Nicht alles was in den Baumärkten angeboten wird ist auch sinnvoll.
Die Stadt wird nicht umhinkommen aufzuklären und zu reglementieren bisher
fehlte dazu der politische Mut.
- Wenn die
Hochwassergefahr außer im Bereich des Zusammenflusses von Dipbach und Alzette
gering erscheint, so ist keine Stadt gegen das Risiko von sehr starken
Regenfällen automatisch gewappnet. Das gilt umso mehr wenn sie dicht bebaut ist
und der Anteil an Versiegelung groß ist. Er wird unumgänglich sein, kommunale
Schutzprogramme gegen Hochwasser zu erstellen (Garantie des Abflusses von
Starkregen, Versickerung, Retention).
- Es ist ein großes
Glück, dass an der Stelle, wo die Alzette das Stadtgebiet verlässt, im
„Schifflinger Brill“ ein recht großes Feuchtgebiet gerettet wurde, das auf
natürliche Weise große überschüssige Wassermassen aufnehmen kann,
vorausgesetzt, sie gelangen bis dahin. Die Renaturierung der Alzette und die Erbreiterung
ihres potentiellen Bettes zwischen den Schlossweihern und den Kühlweihern von
Arbed Esch-Schifflingen ist eine notwendige Maßnahme nicht nur für die Freude
des Auges sondern vor allem für die Adaptation an extreme Wetterlagen.
Das sind einige Anregungen, die von berufener Seite viel besser und mit
größerer und wissenschaftlicher Präzision dargestellt werden könnten. Sie
sollen dazu dienen, die Problematik in die Stadtentwicklungspolitik (warum
nicht auch in die PAG-Grafik?) einfließen zu lassen. Die Unterscheidung
zwischen den Klimaschutzzielen und den Maßnahmen zur Adaptation ist methodisch
unbedingt zu beachten!
24.11.2019
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